Kommentar zum Chancen-Aufenthaltsgesetz
Es scheint so, als würden alle Betroffenen vom SD1-Sprachtest bzw. Sprachnachweis mal wieder „vergessen“ werden. Der aktuelle Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern und für Heimat zum Chancen-Aufenthaltsgesetz sieht demnach nur einen Wegfall des Nachweises deutscher Sprachkenntnisse für Fachkräfte vor.
So führt der aktuelle Entwurf etwa aus:
„Zudem wird der Familiennachzug für Familienangehörige von Fachkräften erleichtert, indem vor der Erteilung eines Visums an die Familienangehörigen künftig auf das Erfordernis des Nachweises deutscher Sprachkenntnisse verzichtet wird.“
Weiter führt der Entwurf im Detail aus:
„Durch die Änderungen in §§ 30 und 32 AufenthG wird der Familiennachzug für Familienangehörige von allen Fachkräften und IT-Spezialisten dadurch erleichtert, dass die Familienangehörigen im Visumverfahren keinen Nachweis über bestehende deutsche Sprachkenntnisse mehr erbringen müssen.“
Im Koalitionsvertrag wurde festgehalten, dass der Nachweis deutscher Sprachkenntnisse gestrichen werden soll. Das hier erneut zwischen guten und schlechten (Ehe)partnern unterschieden werden soll, wurde dort nicht festgehalten. Die bisher langsame Umsetzung des ursprünglich geplanten Vorhabens war zu erwarten, da die FDP ein neues Einwanderungsgesetz gefordert hatte und damit auch eine vollständige Überarbeitung des Aufenthaltsrechts notwendig gewesen wäre.
Der aktuelle Entwurf lässt jedoch das schlimmste erahnen: (Ehe)partner werden wieder bzw. weiterhin durch die Behörden aussortiert. Insbesondere da sich der aktuelle Entwurf bereits wie ein vollständiger Kompromiss hinsichtlich der Forderungen der FDP nach einem Einwanderungsgesetz und der Streichung des Sprachnachweises liest, ist nach dem jetzigen Stand der Dinge nicht viel mehr zu erwarten.
Mit dem neuen ChAR-Gesetz würden demnach nur weitere Ausnahmetatbestände für Fachkräfte zu einer bereits sehr langen Liste von Ausnahmen hinzukommen. Warum aber gerade die (Ehe)partner aus nicht priviligierten Drittstaaten von Deutschen derart diskriminiert werden bleibt weiterhin fraglich.
Aus Sicht der Betroffenen liegt eine (sachlich) nicht gerechtfertige Diskriminierung vor, die zu unbilligen Ergebnissen führt. Als Folge des Nebeneinanders von unionsrechtlichen und nationalen Regelungen kommt es zur sogenannten „Inländerdiskriminierung“, d. h. es wird zum größten Teil den Partnern von deutschen Staatsbürgern die in Deutschland leben, das Visum aufgrund der vorgenannten Regelungen verwehrt (siehe auch hib 979/2018 Deutscher Bundestag).
Weiter ist zu erwarten, dass durch die geplanten Änderungen deutsche Fachkräfte nicht berücksichtigt werden, obwohl eine Ungleichbehandlung Familienangehöriger deutscher Fachkräfte im Inland oder gar von Familienangehörigen deutscher Fachkräfte die aktuell im Ausland leben im Vergleich zu sonstigen Antragstellern, zu einer weiteren (neuen) Form der Inländerdiskriminierung führen wird.
Es ist daher für Betroffene weiterhin ratsam, die Bundestagsabgeordneten aus dem jeweiligen Wahlkreis aktiv auf diese Problematik hinzuweisen und sich für eine Abschaffung des Nachweises deutscher Sprachkenntnisse – insbesondere – vor der Einreise aktiv einzusetzen.
Der obige Kommentar wurde in einer Petition an den Deutschen Bundestag genutzt.